Tischtennisübungen nicht mehr frei zu ende spielen (TdW#43)

Eine gute Trainingseinheit im Tischtennis besteht aus vielen einzelnen Bestandteilen und Übungen. Von Beinarbeit über Technik bis hin zu Wettkampftraining kann alles dabei sein.

Im besten Fall folgen deine Trainingseinheiten einem bestimmten Thema und du hast eine grobe Idee von den Übungen, die du spielen möchtest und einen genauen Plan davon, welches Merkmal des Tischtennisspiels du effektiv verbessern möchtest.

Viele der Übungen unserer wundervollen Sportart haben den Charakter, nach ca. 5 gespielten Bällen mit den Worten „und dann ist frei“ ausgespielt zu werden.

Frei heißt hier, dass es in dem Ballwechsel keine Vorgaben mehr gibt und beide Spieler machen können, was ihnen gerade beliebt.

Im heutigen Tipp der Woche wollen wir uns mit diesem „frei“ auseinandersetzen und ich versuche zu begründen, warum ich davon (inzwischen) nicht mehr besonders viel halte.

Ich bin Yanick. Sportstudent, Tischtennisspieler seit 10 Jahren und seit einigen auch lizensierter Trainer. Machen wir uns dran.

Ein kleines Beispiel

Um auch diejenigen unter euch abzuholen, die noch keine genau Situation vor Augen haben, gibt es ein kleines Beispiel von mir:

Du bist mit deinem Trainingspartner mit den Einspielübungen und der ersten Runde Technik durch und möchtest jetzt spielnäher trainieren und auch Aufschlag-Rückschlag mit einbauen. (Ein ganzes Sammelsurium an Übungen findest du in diesen beiden Artikeln: Tischtennis Übungsfinder: Finde deine Übung! und Die besten Tischtennis Übungen für alles!)

Jetzt möchtest du eine Übung spielen, bei der du mit einem kurzen Aufschlag startest, den dritten Ball mit der Vorhand aus der Mitte eröffnest und mit der Rückhand nachgehen kannst. Nach deinem Rückhand Ball ist „frei“ und die Übung ist für diesen Ballwechsel effektiv beendet.

Gründe für frei

Nichts ist spielnäher als das Spiel. Frei bedeutet, du und dein Partner dürfen jeden Schlag überall hin spielen. Frei bedeutet dementsprechend auch, du und dein Partner müssen auf jeden Ball gefasst, für jeden Ball bereit sein. Nichts trainiert das Spiel besser als der Zustand des Spiels.

Ich halte „frei“ als Belohnung im Kindertraining an einigen Stellen für gut angewendet. Kinder wollen spielen. Sie mit der Aussicht auf „frei“ in eine Übung zur Ballkontrolle und/oder Technik zu locken, wird hier und da positive Effekte auf die Trainingsatmosphäre nach sich ziehen.

Gründe gegen frei

Der Fokus geht verloren. Wenn du dich (wie z.B. in unserem Beispiel) auf Vorhand Eröffnung und Rückhand nachziehen fokussierst, dann ist das Training für diese beiden Schläge effektiv vorbei, sobald der 6. Ballkontakt gespielt ist.

Wir verlieren Zeit. Das mag jetzt erstmal irritierend klingen, aber jeder zusätzliche Ballkontakt kostet uns Zeit, die in Bezug auf den Trainingsfokus besser aufgehoben wäre. Und genau diese Zeit bzw. Ballkontakte pro Zeit sind der Grund, aus dem Balleimertraining so effektiv ist. Es lohnt sich also in jeder Art des Trainings zu versuchen – in Bezug auf den Fokus – die größte Menge an Ballkontakten pro Zeit herauszuholen.

„Frei“ ist selten bis nie etwas, das konzentriert gespielt wird. Ist der Ballwechsel „frei“, ist er binnen der nächsten drei Ballkontakte beendet. Und mindestens einer dieser Ballkontakte ist in der Regel ein Schlag, der von Training weit entfernt ist: ein dummer Endschlag oder eine Art von Trickshot wie z.B. den Ball hinter dem Rücken zu spielen. Die paar Bälle, die wir außerhalb der Übung spielen bringen uns also schlichtweg nichts. (Versteht mich nicht falsch, rum zu eiern muss auch mal sein finde ich, aber dann nehmt euch doch am Ende ein paar Minuten Zeit dafür.)

Was also tun?

Grundsätzlich gibt es da zwei Möglichkeiten:

Der Ballwechsel kann einfach abgebrochen werden. Das wäre dann wirklich recht nah am Balleimerprinzip – es wird einfach immer und immer wieder nur genau der Schlag wiederholt, der trainiert werden soll.

Die andere Möglichkeit ist so etwas wie eine Übung nach der Übung. Diesen Ansatz wähle ich für mich persönlich lieber, weil ich gerade in Entscheidungen nicht besonders gut bin und die paar Bälle gerne nutze, um viel ungewiss zu spielen.

Ein Beispiel: Wir haben den Rückhand Topspin aus unserer Übung von oben jetzt auf den Tisch gespielt. Die Übung hört jetzt aber nicht mit „frei“ auf sondern, stattdessen stellt sich der Partner in die Rückhand und block immer auf eine der beiden Ecken (egal welche). Ich habe also effektiv zwei Übungen miteinander kombiniert und kann innerhalb dieser beiden Übungen auch noch den gleichen technischen Fokus setzen.

Fazit

Zusammengefasst sollte meiner Meinung nach davon abgesehen werden, Übungen „frei“ auslaufen zu lassen. Solange du nicht mit „frei“ als Belohnung im Kindertraining arbeitest, sind alle anderen Möglichkeiten effektiver und effizienter.

Versuche in Zukunft also eher davon abzusehen, einfach kopflos „frei“ zu spielen und nutze Zeit und Ballkontakte sinnvoller.

In dem Sinne, auf bald, bleibt am Ball und spielt nicht „frei“!

Yanick ist ausgebildeter Tischtennistrainer und aktiver Sportstudent. Er kann auf eine Dekade Erfahrung im Tischtennissport als Athlet zurückgreifen und auch als Trainer ist er seit bald fünf Jahren aktiv. Diese Kombination aus langjähriger Erfahrung als Athlet und Trainer, mehreren Trainerlehrgängen und den sportwissenschaftlichen Hintergründen ermöglichen es ihm, bestmögliche Einblicke und in den Sport Tischtennis zu gewährleisten.

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