In der riesigen Welt des Tischtennis trifft man regelmäßig auf Spieler, die nicht wie die meisten von uns „glatt, glatt“ spielen, also nicht beide Beläge mit den traditionellen Noppen-Innen-Belägen.
Von Noppen außen (lang, halblang, kurz) mit und ohne Schwamm bis hin zum Anti-Top Belag stößt man auf alles Mögliche, eingebaut in viele verschiedene Spielsysteme.
Ob „normales“ Angriffsspiel, tischnahes Störspiel, traditionelle Abwehr – man findet alles.
Im heutigen Tipp der Woche soll es um eine Taktik für den Angreifer gehen, der gegen solches Material an den Tisch muss.
Ich bin Yanick. Sportstudent, Tischtennisspieler seit 10 Jahren und seit einigen auch lizensierter Trainer. Machen wir uns dran.
Rotationserhalt und Rotationsumkehr
Ich hab mal wieder gemalt, das macht die Erklärung einfacher. Die roten Pfeile sind die Flugrichtung, die blauen Pfeile sind die Rotationsrichtung des Balles.
Der obere „Schläger“ hat einen normalen Noppen-Innen-Belag, der untere steht exemplarisch für lange Noppen, manche halblangen Noppen und Anti-Top Beläge.
Trifft ein Ball mit Vorwärtsrotation (Topspin) also auf einen normalen Belag, dann wird die Rotationsrichtung des Balles umgedreht. Spielst du also einen Topspin, dann kommt in der Regel auch ein Ball mit Topspin zurück – wenn auch mit weniger Umdrehungen pro Minute.
Spielst du den gleichen Topspin auf eine lange Noppe, dann wird die Rotation, die du dem Ball mitgegeben hast genau so erhalten. Du bekommst also deinen Topspin als Unterschnitt zurück.
Einen ziehen, einen Schupfen
Die Idee ist also, dass du einen Aufschlag spielst, mit dem du dich komfortabel fühlst, den 3. Ball zu ziehen. Eröffnest du gerne solltest du mit Topspin aufschlagen, damit Unterschnitt zurückkommt.
Möchtest du sofort hart gegengehen, solltest du leer oder mit Unterschnitt aufschlagen, damit ein leerer Ball oder einer mit Topspin zurückkommt.
Wenn du deinen 3. Ball gezogen hast, kriegst du all deinen Topspin als Unterschnitt zurück, solltest den 5. Ball also in den meisten Fällen schupfen.
Auf deinen Schupfball kommt wieder ein Ball mit Überschnitt zu dir zurück, weil die Rotationsrichtung des Balles sich ja nicht verändert hat. Du musst also wieder auf den Ball gehen.
Und diese Geschichte wiederholt sich.
Das funktioniert nicht immer
Material ist fast nie pauschal einschätzbar. Diese Taktik wird gegen fast alle Anti-Top Beläge funktionieren, gegen fast alle langen Noppen, gegen einige halblange Noppen und gegen ein paar kurze Noppen.
Versuche also trotz deiner grundsätzlichen Idee immer wach genug zu sein, um von Gegner zu Gegner (bzw. von Material zu Material) und von Spiel zu Spiel dazuzulernen, wie das Material deines Gegner auf deine Bälle reagiert.
Etwas einfacher
Fühlst du dich in diesem Spiel noch zu unsicher, dann tut es auch ein Konterball oder ein gedrückter Ball von dir, statt des Topspins. Dabei geht erfahrungsgemäß etwas Weniger schief und das Prinzip ist das gleiche.
3 Wichtige Dinge
Erstens: Diese Taktik ist der Ansatz, in das Spiel hineinzufinden. Punkte sind absolut nicht garantiert. Die normale Lösungssuche muss trotzdem in Gang gebracht werden – wo ziehe ich hin? Welchen Ball suche im mir für den harten Topspin aus? Wo hat der Gegner vielleicht ein Loch? Welchen Ball darf ich nicht spielen, weil ich den dann um die Ohren kriege?
Diese Fragen solltest du dir immer noch stellen. Sie sind immerhin nur von Spieler zu Spieler zu beantworten und nicht pauschal mit dem benutzten Material.
Zweitens: Vermeide Seitschnitt.
Mit dem Rotationserhalt, der mit vielen Materialen einhergeht, macht es Seitschnitt nur dir schwieriger und nicht deinem Gegner. Der hält einfach sein Material rein und du hast dann den komisch eiernden Ball vor der Nase. Beschränke dich also auf leer, Unter- und Überschnitt.
Drittens: Aufschlage auf das Material eher lang, als kurz.
Um in ein Spiel zu finden, brauchst du meistens einen langen Rückschlag, den du mit einem Topspin beantworten kannst. Wenn du aber einen kurzen Aufschlag machst, kann jeder Gegner (mit Material noch eher) den Ball einfach kurz ablegen und deinen Angriff sofort vereiteln. Versuche also, mindestens halblange, eher lange Aufschläge zu machen.
Fazit
Einen ziehen, einen schupfen. Oder einfacher: einen drücken, einen schupfen.
Wenn du diesen Ansatz verstanden hast, wird dir das Spiel gegen Materialspieler wesentlich einfacher fallen, weil du grundsätzlich weißt, was passiert und nicht deine ganze Konzentration darauf verwenden musst, keinen Fehler zu machen.
Denke trotzdem daran, dass jedes Material unterschiedlich ist und dieser Ansatz die Allanwesende Lösungssuche nicht ersetzt.
In dem Sinne, auf bald, bleibt am Ball und zieht und schupft im Wechsel!
Ähnliche Beiträge
Risiko gewinnt Einzel, aber verliert Doppel (TdW#68)
Risiko/Mut und Schlaghärte sind verschiedene Dinge (TdW#67)
Rotation löst nicht alle Probleme im Tischtennis (TdW#66)
Das Einzige, das wichtig ist im Tischtennis (TdW#65)