Tischtennis, oft als „Schnellschach des Sports“ bezeichnet, ist ein Spiel von Geschwindigkeit, Präzision und Strategie. Ein wesentlicher Faktor, der sowohl Amateure als auch Profis gleichermaßen herausfordert, ist die Rotation des Balles. Eine starke Rotation, sei es seitliche Rotation, Vorwärts- oder Rückwärtsrotation – oder jede Kombination aus diesen- , kann den Lauf des Balles drastisch verändern und so die Vorhersagbarkeit eines Punktes verringern.
Dieser Artikel taucht tief in die Kunst und Wissenschaft des Umgangs mit intensiver Rotation im Tischtennis ein. Von den physikalischen Grundlagen über die Erkennung verschiedener Spinarten bis hin zu Techniken und Trainingstipps, die dir helfen, diesen gefürchteten Drehungen effektiv zu begegnen – bereite dich darauf vor, dein Spiel auf das nächste Level zu heben.
Ich bin Yanick. Sportstudent, Tischtennisspieler seit 10 Jahren und seit einigen auch lizensierter Trainer. Machen wir uns dran.
Die Rotationsarten
Rotation, Spin oder Schnitt – wie immer man es nenne mag, es geht immer um das Gleiche: die Drehung des Balles.
Grundsätzlich lässt sich dieser Schnitt in drei Gruppen einteilen: Unterschnitt, Seitschnitt und Überschnitt.
Unterschnitt (Rückwärtsrotation)
Dieser Schnitt wird bei Schupfbällen, bei der Unterschnitt-Abwehr und zum Teil beim Chop-Block erzeugt.
Wir der Ball dabei ideal getroffen, rollt der Ball gerade zum Spieler zurück, der ihn mit Unterschnitt geschlagen hat.
Die Flugkurve eines rückwärts rotierenden Balles ist flacher und der Ball fliegt länger als eine Ball ohne Rotation. Beim Absprung springt der Ball fast gerade nach oben, je nach der Intensität der Rotation.
Mehr zu Flugkurven findest du in unserem Artikel Technikfamilien im Tischtennis: Was ist das eigentlich?
Überschnitt (Vorwärtsrotation)
Dieser Schnitt wird bei Topspins, Flips, Spinblocks und Ballonabwehr erzeugt.
Wird der Ball ideal getroffen, dann rollt er nachdem er aufgekommen ist, gerade weiter.
Die Flugkurve ist höher und der Ball fällt früher runter als ein Ball ohne Rotation. Beim Absprung springt der Ball flach ab und hat mehr Tempo als ein Ball ohne Rotation.
Seitschnitt (seitliche Rotation)
Dieser Schnitt wird eigentlich nur beim Aufschlag erzeugt. Techniken, bei denen Seitschnitt in Kombination mit einer anderen Rotationsrichtung entsteht sind z.b. die Rückhand Banane (Seit-Überschnitt) oder der Chop-Block (Seit-Unterschnitt).
Hier fliegt der Ball eine zum Teil recht unangenehme Kurve und auch beim Absprung muss man wach bleiben, um der ungeraden Richtung folgen zu können.
Aufschlag-Rückschlag Grundsätze
Unabhängig von der Intensität der Rotation, bringe ich meinen Athleten als Ansatz für jeden Rückschlag den folgenden Grundsatz bei:
Klingt jetzt ein bisschen kompliziert. Konkret heißt das einfach: Hört die Schlagbewegung des Gegners links auf, geht dein Schläger nach rechts (beides aus deiner Sicht).
Hier noch eine Zeichnung, sollte das immer noch nicht ganz klar sein. Die blauen Pfeile zeigen die Bewegungsrichtung des gegnerischen Schlägers. Die roten Pfeile stellen deine Schlagrichtung dar.
Ein bisschen mitdenken muss man hier natürlich. Bei einem Pendelaufschlag zeigt ja nicht das Schlägerblatt (bzw. eine Schlägerseite) zum Tisch, sondern die Schlägerkante.
Du musst also auch in der Lage sein, die Pfeile in deinem Kopf ein wenig zu drehen, damit die Logik weiter funktioniert.
Das Ganze funktioniert natürlich auch in der oben-unten-Dimension.
Geht der gegnerische Schläger nach unten, muss du von unter dem Ball nach oben spielen und anders herum musst du den Ball von oben runterdrücken, wenn der Aufschläger mit seiner Bewegung nach oben geht.
Sehr viel Rotation
Was machen wir also, wenn da ein Ball mit Hacke voll Schnitt auf uns zukommt?
Nun ja, so idiotisch das klingt: Nicht viel mehr oder weniger als normalerweise.
Die Regeln funktionieren immer noch, du musst nur deine Bewegungsrichtung noch extremer machen.
Bei vielen Gegnern reicht das schon. Häufig sind Spieler nicht darauf eingestellt, dass ihr Schnitt fast unangetastet zurückkommt.
Später hilft euch das aber nicht mehr so viel weiter. Dann müsst ihr etwas fortgeschrittenere Techniken beherrschen.
Kurz-Kurz bietet sich zum Beispiel an, um mit extremem Unterschnitt klarzukommen.
Bei Seitschnitt ist die Banane die beste Waffe.
Und bei extremem Topspin kann sich der Spinblock bezahlt machen, hier tut es allerdings auch ein einfacher Block, bei dem du jedoch früher an den Ball rangehst und dein Schlägerblatt extrem schließt.
Tipps gegen viel Rotation
Zwei grundsätzliche Tipps habe ich für dich:
Erstens lohnt es sich, einfach Erfahrungen zu sammeln. Also probiere dich aus. In der Regel musst du nur deine normalen Bewegungen „extremer“ ausführen. Und wann du wie extrem werden musst lernst du nur durch Erfahrung.
Und zweitens kannst du versuchen, den Schnitt für dich arbeiten zu lassen. Gerade Seitschnitt eignet sich dafür, weil der Ball auch für die meisten Gegner dann immer noch unangenehm ist.
Fazit
Schlussendlich ist es gegen viel Rotation nicht so viel anders als gegen weniger viel. Alle deine Bewegungen müssen nur „extremer“ werden: Den Schläger im Block mehr schließen oder im Schupf mehr öffnen.
In der Technik ändert sich nicht viel.
Und gerade bei Seitschnitt lohnt es sich, ein bisschen herum zu experimentieren und mal einfach den Ball mit all seiner Rotation zurück zu schieben, anstatt gegen den Schnitt arbeiten zu wollen.
In dem Sinne, auf bald, bleib am Ball und lasse Schnitt für dich arbeiten.
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