Risiko/Mut und Schlaghärte sind verschiedene Dinge (TdW#67)

Es gibt unzählige kleine Kriterien, die darüber entscheiden, ob du dein Tischtennisspiel gewinnst oder verlierst.

Das hat natürlich mit der Sportart zu tun. Tischtennis ist unfassbar wandelbar, kein Ball ist wie der vorherige und jeder Gegner stellt sich vor neue Aufgaben.

Da ist aber tatsächlich eine Sache, die sich fast auf jedes Spiel anwenden lässt: Mut.

Was genau in dem Zusammenhang mit Mut gemeint ist und warum Mut so wichtig ist, soll Thema des heutigen Tipps der Woche sein.

Ich bin Yanick. Sportstudent, Tischtennisspieler seit 10 Jahren und seit einigen auch lizensierter Trainer. Machen wir uns dran.

Mut ist nicht notwendig

Wenn du wirklich wesentlich besser als dein Gegner bist. In solchen Fällen reicht es, wenn du Bälle spielst, die du zu 95% auf den Tisch spielst.

Es reicht, wenn du als Rückschläge die Note 4 spielst (Benote deine eigenen Schläge im Tischtennis (TdW#55)) und dich darauf besinnst, deinen Gegner entweder auszuspielen oder unter Umständen sogar ein Wenig ins Spiel zu lassen.

Mut ist wichtig

In den meisten Spielen wirst du vor irgendein Problem gestellt, dass es zu lösen gilt.

Und die Wahrscheinlichkeit, dass du dabei aus deiner Komfortzone herausgeholt wirst ist durchaus ziemlich hoch.

Das kommt dann natürlich ganz darauf an, worin die Lösung besteht.

Musst du flippen? Gewinnst du mit einem aggressiven Schupf? Ist die kürzere Parallele die Lösung? Oder reicht die Note 4 im Rückschlag einfach nicht und du musst auf eine 2 hochgehen?

Was bei all diesen Lösungen auffällt: Es ist nie die wirklich sichere Variante.

Jeder dieser Schläge eine sicherere Variation: der „einfach Schupf“, der diagonale Topspin und so weiter.

Und genau das ist es, was es mit Mut bzw. Risiko auf sich hat.

Es geht gar nicht darum, dass es der harte Ball oder der früher Endschlag sein muss.

Natürlich kann es auch das sein, wenn du keine anderen Lösungen findest, aber das ist nicht per se mit Mut gemeint.

Es geht schlichtweg darum, dass du mit deiner Lösung immer ein bisschen aus deiner Komfortzone raus musst.

Du musst einen Ball spielen, der einfach nur 7 von 10 mal, statt 9 von 10 mal auf den Tisch kommt.

Das ist Mut.

  • Trau dich die Rückhand-Eröffnung, auch wenn du das vielleicht nicht ganz so gut kannst. Aber wenn du schupfst oder umläufst, dann hat dein Gegner die bessere Lösung parat.
  • Trau dich den kurzen Schupf oder den aggressiven Schupf, denn bei einem einfachen, normalen Schupf knallt dir dein Gegner auf beiden Seiten direkt einen Endschlag um die Ohren.
  • Trau dich den Kickaufschlag, denn bei kurze Aufschlägen ist dein Gegner jedes mal schnell über dem Tisch und spielt einen guten Flip, der ihn ins Spiel bringt.
  • Trau dich, auch den halblangen Ball mal zu ziehen, denn wenn du ihn passiv spielst, dann brezelt dein Gegner einen Topspin rein.

Eine solche Liste könnte ich für immer weiterführen.

Wichtig zu merken ist Folgendes: Schlaghärte und Mut stehen in keinem direkten Zusammenhang.

Mut heißt nichts weiter, als die Lösung zu wählen, die dich zum Sieg bringt, auch wenn du den Ball vielleicht nur mit 60% auf den Tisch spielst.

Bloß nicht mutig sein

Eine kurze Anekdote von mir und gleichzeitig eine Geschichte von einem Spiel, dass mit und wegen Mut verloren gegangen wäre.

Ich hatte ein Spiel, in dem ich klar favorisiert war. In TTR-Punkten bzw. Live-PZ ausgedrückt war ich 250 Punkte vorne.

Mein Gegner hatte ein Spiel, das mir überhaupt nicht liegt.

Einen ganz guten langen Aufschlag, den er variieren konnte – mal Unter-, mal Seit-Überschnitt.

Habe ich eine Eröffnung gespielt dann hat es mein Gegner jedes mal geschafft, den Block mit ein bisschen Seitschnitt halblang zu lassen. Ich hatte also auch kaum eine Möglichkeit nachzugehen.

Die ersten beiden Sätze bin ich komplett verzweifelt und habe 5:11 und 4:11 verloren.

Ab Satz drei habe ich meinen Stolz und meine Prinzipien heruntergeschluckt (und meinen Mut gleich mit) und habe jeden einzelnen Aufschlag meines Gegners einfach geschupft. Vorhand und Rückhand. Den vierten Ball konnte ich dann meistens eröffnen.

Wenn dann der Block kam, habe ich statt eines weiteren Topspins den Ball einfach in die Rückhand meines Gegners gekontert und bin so ins Kick-Kick-Spiel gegangen.

In diesen ganzen Rallyes habe ich kaum einen Schlag gewählt, den ich mit weniger als 80% auf den Tisch spielen würde.

Und mit dieser Taktik habe das Spiel am Ende im fünften Satz 11:3 gewonnen – komplett ohne Risiko oder Mut.

Fazit

Mut heißt, trotz Komfort und Sicherheit den Schlag zu wählen, der dich zum Sieg führt. Dabei hat das Ganze nur dann etwas mit Schlaghärte zu tun, wenn in der Schlaghärte die Lösung liegt.

Mut ist auch nicht immer zwingend nötig und an manschen, wenigen Stellen würde er dich sogar den Sieg kosten. Also bleib wachsam.

In dem Sinne, auf bald, bleibt am Ball und spielt mutig, aber nicht zwingend hart!

Yanick ist ausgebildeter Tischtennistrainer und aktiver Sportstudent. Er kann auf eine Dekade Erfahrung im Tischtennissport als Athlet zurückgreifen und auch als Trainer ist er seit bald fünf Jahren aktiv. Diese Kombination aus langjähriger Erfahrung als Athlet und Trainer, mehreren Trainerlehrgängen und den sportwissenschaftlichen Hintergründen ermöglichen es ihm, bestmögliche Einblicke und in den Sport Tischtennis zu gewährleisten.

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