Angriff ist nicht immer die richtige Wahl (TdW#61)

In der riesigen Welt des Tischtennis gibt es unzählige Möglichkeiten auf einen Ball vom Gegner zu reagieren.

Passiv oder aktiv, schnell oder langsam, viel oder wenig Rotation – und das sind nur die großen Entscheidungen.

Ab einem gewissen Niveau werden wir feststellen, dass es in der Regel jene Spieler sind, die den Topspin am Besten einsetzen und sich damit durchsetzen können, die den größten Erfolg haben.

Dennoch gibt es Situationen (und das gar nicht mal so wenige) in denen der Topspin bzw. der Angriff nicht die richtige Wahl ist.

Wann und warum soll Thema des heutigen Tipps der Woche sein.

Machen wir uns dran.

Lange Bälle

Wenn ein Gegner dir einen langen passiven Ball gibt, also einen Schupf oder einen Block, dann sollte es immer dein Ziel sein, einen Topspin zu spielen.

Es gibt – meiner Meinung nach – genau zwei Situationen, in denen der Angriff auf einen langen passiven Ball nicht die richtige Reaktion ist.

Erstens: du bist Abwehr-Spieler. Das ist nun eine Spielstil-Frage, aber als Abwehr-Spieler (oder im Englischen „Chopper“) suchst du ja grundsätzlich die Situation, in der du in der Defensive bist.

Zweitens: Du kannst es (noch) nicht. Diese Situation darf es nur zeitweise geben. Du bist einfach noch nicht gut genug, um den beladenen Schupfball in deiner Rückhand zu eröffnen. Wenn du den Topspin noch nicht gut genug beherrschst, dann ergibt es im Spiel keinen Sinn einen Schlag zu wählen, mit dem du einen direkten Fehler machst.

Wichtig hierbei: Im Training sollte der Topspin dann angegangen werden. Das Ziel eines jeden Angriffsspielers sollte es sein, jeden langen Ball eröffnen zu können und dies dann eben auch zu tun.

Kurze und halblange Bälle

Wenn du einen kurzen oder halblangen Ball bekommst, dann gibt es ein paar Situationen, in denen ein Schupf durchaus die bessere Lösung sein kann.

  1. Wie schon oben erwähnt: Du beherrschst die aktive Antwort (also z.B. den Flip) noch nicht. Dann ist es wie gesagt ganz logisch, dass du den passiven Ball wählst – wir machen schließlich keine Geschenke. Und der Flip darf dann in naher Zukunft Teil deines Trainings werden.
  2. Du hast deinen Gegner gut im Griff: Was ich meine ist, dass du die Punkte gewinnst, wenn dein Gegner im Angriff ist. Entweder bist du grundsätzlich ein guter Block oder dein Timing liegt deinem Gegner nicht. Solche Sachen. Ich habe schon in einigen anderen Artikeln davon gesprochen, dass es eigentlich keinen Sinn ergibt, etwas in deinem Spiel zu ändern, wenn du gerade gewinnst. In einem solchen Fall liegt der Ball im wahrsten Sinne des Wortes bei deinem Gegner. Wenn du also die meisten Ballwechsel gewinnst, in denen du lang anschupfst und dann gut blockst, anstatt den Flip zu wählen, dann schupfst du weiter lang an.
  3. Dein Gegner hat dich im Griff: Jetzt betrachten wir 2. von der anderen Seite und du kommst mit deinem Angriffsspiel einfach nicht weiter. Dein Gegner scheint dir immer einen Ballkontakt voraus zu sein. Wenn du mit Angriff einfach nicht durchkommst, dann hast du jedes Recht, einfach mal lang anzuschupfen und „zu gucken was passiert“. Unter Umständen offenbart sich dir eine Lösung.
  4. Dein Gegner ist ein Gegenspin-Monster: Wenn dir jede deiner Eröffnung um die Ohren fliegt, weil dein Gegner auf jeden deiner Topspin einfach raufhaut, dann lohnt es sich durchaus auch einfach mal nicht zu eröffnen. In harten Bällen ähnlich. Wenn dein Gegner auch bei deinen Endschlägen auf halblange Bälle bereit ist und sogar noch einen kleinen Kick mitgeben kann, dann wäre die erste Lösung einfach mal nicht anzugreifen und mal wieder „zu gucken was passiert“.
  5. Steht im Zeichen der Variation: Wenn du die letzten 37 Ballwechsel immer mit einem Flip eröffnet hast, dann wird sich auch dein Gegner inzwischen darauf eingestellt haben. Gib ihm mal ein anderes Bild, als eine Eröffnung. Leg einen Ball kurz ab, oder schieb aggressiv an, Richtung Grundlinie und Ellenbogen. Wenn du viel angreifst, kann es immer wieder Früchte tragen, wenn du zwischendrin mal einen Ball eben genau nicht angreifst. Dazu auch mehr in unserem Artikel: Nie zwei mal den gleichen Ball spielen (TdW#54).

Fazit

Einfach mal nicht anzugreifen ist in einigen Situationen durchaus die bessere Lösung. Du bist noch nicht sicher im Angriff, dein Gegner blockt gut, du hast lange keinen Ball mehr geschupft.

Verliere nie aus den Augen, dass es für jeden Ball mehr als eine Lösung gibt und manchmal ist der Schupf eben so eine Lösung.

In dem Sinne, auf bald, bleibt am Ball und greift einfach mal nicht an!

Yanick ist ausgebildeter Tischtennistrainer und aktiver Sportstudent. Er kann auf eine Dekade Erfahrung im Tischtennissport als Athlet zurückgreifen und auch als Trainer ist er seit bald fünf Jahren aktiv. Diese Kombination aus langjähriger Erfahrung als Athlet und Trainer, mehreren Trainerlehrgängen und den sportwissenschaftlichen Hintergründen ermöglichen es ihm, bestmögliche Einblicke und in den Sport Tischtennis zu gewährleisten.

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