Mehr Schlaghärte im Tischtennis (TdW#14)

Willkommen zum neuen Tipp der Woche. Heute widmen wir uns der Schlaghärte. Woran kann es liegen und wie können wir dagegen vorgehen, dass jeder einzelne Schlag „langsam“ ist?

Viele von uns stoßen im Laufe unserer Tischtenniskarriere auf Gegner, bei denen wir uns die Zähne ausbeißen. Wir spielen Topspin nach Topspin nach Topspin, werden aber einfach nicht mit dem Punkt belohnt.

Ich bin Yanick. Sportstudent, Tischtennisspieler seit 10 Jahren und seit einigen auch lizensierter Trainer.

Und tatsächlich habe ich bis heute mit genau diesem Problem zu kämpfen – ich kann also nicht nur aus der Trainerperspektive, sondern hier auch aus Erfahrung aus erster Hand reden.

Tischtennis und Schlaghärte

Tischtennis, oft als schnelles und intensives Spiel wahrgenommen, verlangt von den Spielern eine Kombination aus Geschicklichkeit, Präzision und Kraft. Während die Technik und Strategie im Spiel unerlässlich sind, spielt die Schlaghärte eine entscheidende Rolle, um den Gegner unter Druck zu setzen und Punkte zu erzielen. Die Fähigkeit, den Ball mit der richtigen Geschwindigkeit und Kraft zu schlagen, kann den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Angriff und einem verpassten Punkt ausmachen.

Die Schlaghärte im Tischtennis ist jedoch nicht nur eine Frage der rohen Kraft; sie erfordert ein tiefes Verständnis der Mechanik, Timing und Positionierung. In diesem Kontext wird die Schlaghärte nicht nur als physische Fähigkeit, sondern auch als kunstvolle Technik betrachtet, die durch gezieltes Training und Verständnis der Spielprinzipien entwickelt werden kann.

Dieser Artikel wird die verschiedenen Aspekte der Schlaghärte im Tischtennis untersuchen, von den grundlegenden Techniken bis hin zu fortgeschrittenen Strategien, um sowohl Anfängern als auch erfahrenen Spielern zu helfen, ihre Schlagkraft zu maximieren und ihr Spiel auf die nächste Stufe zu heben.

Wir wollen uns im Folgenden 4 mögliche Gründe und die Lösungen zu diesen anschauen, um ein bisschen – oder vielleicht ordentlich – mehr Wumms in einen Schlag zu bekommen.

  1. Material
  2. Schnellkraft
  3. Timing
  4. Technik

Material

Die Bedeutung des Materials im Tischtennis, insbesondere in Bezug auf die Schlaghärte, kann nicht genug betont werden. Die Auswahl des richtigen Holzes und der Beläge kann einen erheblichen Einfluss auf die Fähigkeit eines Spielers haben, den Ball mit der gewünschten Härte und Kontrolle zu schlagen.

Das Holz

Beginnen wir mit dem Holz.

Die Schlaghärte wird maßgeblich durch das verwendete Holz und die Anzahl der Schichten im Schlägerblatt beeinflusst. Ein härteres Holz oder ein Schläger mit mehr Schichten kann die Schlaghärte erhöhen, da es weniger Flexibilität bietet und somit mehr Kraft auf den Ball überträgt. Einige Spieler bevorzugen jedoch ein weicheres Holz, das mehr Kontrolle und Gefühl bietet, aber möglicherweise weniger Schlaghärte ermöglicht.

Wenn man von Geschwindigkeit und Hölzern redet, dann kommt man um den Begriff „Carbon“ nicht herum. Einige Hölzer haben zwei eingearbeitete Schichten von Carbonfaser, die die Stabilität und aber vor allen Dingen das Tempo geschlagener Bälle ordentlich erhöhen – das Ganze allerdings natürlich auf Kosten von Kontrolle.

Auch den Begriff „Balsa-Holz“ sollte man gehört haben. Balsa-Hölzer sind ungemein leichter, als „normale“ Hölzer und bieten einen z.T. sehr ungleichmäßigen, aber dafür sehr extremen Katapult-Effekt. Viel schneller, als ein Balsa-Holz kann es nicht werden.

Hier ist unsere Sammlung an Tests von offensiven Hölzern, die euch helfen werden, härtere Bälle zu spielen.

Die Beläge

Die Beläge auf dem Holz spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Es gibt eine breite Palette von Belägen, die in ihrer Dicke und Härte variieren. Ein dickerer und härterer Belag kann die Schlaghärte erhöhen, da er mehr Energie auf den Ball überträgt. Gleichzeitig kann ein weicherer Belag mehr Spin ermöglichen, aber möglicherweise auf Kosten der Schlaghärte. Die Wahl des richtigen Belags hängt oft vom individuellen Spielstil und den Vorlieben des Spielers ab.

Also für all diejenigen, die mit ihrem Belag grundsätzlich sehr zufrieden sind, trotzdem aber gerne noch einen Hauch mehr Tempo spielen würden, kann ich den gleichen Belag mit höherer Schwammdicke ans Herz legen. Der Belag wird ein Wenig schneller, die grundlegenden Spieleigenschaften bleiben jedoch gleich.

Für die unter euch, die jedoch nach etwas Neuem suchen, hier ein paar unserer Belagtests: Die 15 besten Profi Tischtennis Beläge – Test & Ratgeber; Die 10 besten Tischtennisbeläge für Anfänger – Test; Die besten Tischtennisbeläge für die Rückhand Test 2023

Eine Sammlung all unserer Belagtests findet ihr hier.

Und auch für jene unter euch, die von Noppen-Innen-Belägen grundsätzlich etwas Abstand nehmen wollen haben wir hier die besten kurzen Noppen, die besten mittellangen Noppen, die besten langen Noppen und auch die besten Antitop-Beläge.

Zusammenfassung

Die Bedeutung des Materials im Tischtennis geht über die bloße Auswahl von Schläger und Belag. Es erfordert ein tiefes Verständnis der eigenen Spielweise und der Art und Weise, wie verschiedene Materialien diese Spielweise beeinflussen können. Die richtige Kombination von Materialien kann die Schlaghärte erhöhen, ohne die Kontrolle und das Gefühl zu opfern, die für ein erfolgreiches Spiel erforderlich sind.

Insgesamt ist die Auswahl des richtigen Materials im Tischtennis eine komplexe und individuelle Entscheidung. Es gibt keine Einheitslösung, da verschiedene Spieler unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben haben. Durch Experimentieren, Beratung mit Trainern oder erfahrenen Spielern und Verständnis der eigenen Spielweise kann ein Spieler das Material finden, das seine Schlaghärte und sein gesamtes Spiel optimiert. Die Investition in das richtige Material ist nicht nur eine Frage der Ausrüstung, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung als Tischtennisspieler.

Schnellkraft

Hier verlassen wir kurz den Bereich Tischtennis und gehen ein wenig höher, um uns die Muskelkraft anzuschauen.

Ich möchte auch gar nicht viel Zeit hier verbringen.

Schnellkraft ist ein „Problem“ oberhalb von Tischtennis. Trainieren könnt ihr das dennoch sehr einfach: Ihr braucht einen Widerstand (z.B. ein Theraband; hier ein Link unter dem ihr Therabänder kaufen könnt) oder ein Gewicht, das den Schläger ersetzt. Und dann heißt es einfach: Schattentraining. Nehmt euch die Zeit – gar nicht viel, 10 min am Tag sind mehr als genug (Pausentage nicht vergessen) – und stellt euch auch gerne zuhause hin, um die Technik (Vorhand-Topspin, Rückhand-Topspin, Schuss usw.) mit Widerstand zu trainieren.

Für Interessierte ist hier ein kurzes Video über die Schnellkraft:

Timing

Physik und Gedankenexperiment

Gedankenexperiment Teil 1

Hier werden wir jetzt ein kleines Bisschen physikalisch. Aber keine Angst, Formeln oder Rechnungen gibt’s hier nicht – nur ein kleines Gedankenexperiment:

Wir stellen uns vor, wir kleben einen Tischtennisschläger an die Wand.

Jetzt werfen wir einen Ball dagegen (wir sind selbstverständlich treffsicher und werfen nicht daneben). Einmal werfen wir den Ball leicht gegen den Schläger und ein zweites mal mit voller Kraft. Wir haben also die Geschwindigkeit des ankommenden Balles verändert.

Unsere Beobachtung: Der zweit Ball fliegt viel weiter zu uns zurück.

Wir haben also gelernt, dass ein Ball, der schneller auf uns zu kommt auch schneller von uns weg fliegt, wenn wir ihn geschlagen haben.

Gedankenexperiment Teil 2

Jetzt Teil zwei des Gedankenexperiments – und hier kommt jetzt das Timing ins Spiel:

Wir werfen wieder zwei Bälle auf unseren Schläger an der Wand. Diesmal werfen wir die Bälle genau gleich stark, aber gehen beim zweiten Wurf drei Schritte nach hinten.

Unsere Beobachtung: Der erste Ball fliegt weiter zu uns zurück.

Der erste Ball war zum Zeitpunkt des Balltreffpunkts schneller, als der zweite Ball, weil der zweite Ball mehr Strecke zurücklegen musste und dementsprechend langsamer am Schläger ankommt, als der erste Ball.

Bedeutung für Tischtennis

Wenn wir einen Ball spielen, den wir lange auf uns zukommen lassen und der schon wieder in der fallenden Phase ist, können wir niemals so viel Tempo erzeugen, als wenn wir früh an den Ball gehen würden.

In einem Satz

Willst du Tempo spielen, triff den Ball früh, in der aufsteigenden Phase!

Technik

Koordination von Teilimpulsen

Hier kommt jetzt ein Begriff der Trainingslehre ins Spiel:

Die Koordination von Teilimpulsen.

Die Koordination von Teilimpulsen ist ein Konzept, das oft in der Bewegungswissenschaft, Sportphysiologie und in der Analyse komplexer motorischer Fähigkeiten verwendet wird. Es bezieht sich auf die Art und Weise, wie verschiedene Teile eines Bewegungsablaufs oder einer Aktion zusammenarbeiten, um eine flüssige, effiziente und zielgerichtete Bewegung zu erzeugen.

In komplexen Bewegungen, wie sie in vielen Sportarten vorkommen, sind zahlreiche Muskeln, Gelenke und Körperteile involviert. Jeder dieser „Teilimpulse“ muss präzise koordiniert werden, um die gewünschte Gesamtbewegung zu erreichen. Die Koordination dieser Teilimpulse erfordert eine komplexe Interaktion zwischen dem zentralen Nervensystem und den verschiedenen Muskeln und Gelenken des Körpers.

Die drei wichtigsten Punkte der Koordination der Teilimpulse sind:

  1. Timing: Die richtige Sequenzierung und das Timing der Aktivierung verschiedener Muskeln und Gelenke sind entscheidend, um eine effiziente Bewegung zu erzeugen
  2. Räumliche Organisation: Die Positionierung und Ausrichtung der verschiedenen Körperteile müssen genau abgestimmt sein, um die gewünschte Bewegungsrichtung und -form zu erreichen.
  3. Kraftübertragung: Die Kraft muss oft von einem Teil des Körpers auf einen anderen übertragen werden, wie z.B. von den Beinen über den Rumpf bis zu den Armen in einem Wurf oder Schlag. Die effiziente Übertragung dieser Kraft erfordert eine präzise Koordination der beteiligten Muskeln und Gelenke.

Bedeutung für Tischtennis

Schau dir jede deiner Techniken an, am besten mit Videoanalyse.

Jetzt vergleiche dich, mit der Idealtechnik und schaue, wo man sich noch bewegen an, wo du es noch nicht tust. (Erfahrungsgemäß müssen die meisten Spieler an Hüftdrehung und Gewichtsverlagerung arbeiten)

Und jetzt geht es wieder ans Training, um die neu entdeckten Möglichkeiten Geschwindigkeit zu erzeugen, in die eigene Technik zu kriegen.

Noch ein kleiner Tipp

Achte in der Videoanalyse auch darauf, in welcher Phase der Bewegung du den Ball triffst.

Hier musst du so arbeiten, dass du den Ball dann triffst, wenn dein Schläger wirklich am Schnellsten ist. Auch hier sehe ich sehr häufig, dass Spieler den Ball so spät treffen, dass sie gar keine Zeit haben, um Tempo in den Arm zu kriegen. Anders gesagt: Viele Spieler haben einen unglaublich schnellen Schläger, NACHDEM sie den Ball getroffen haben – und da bringt das natürlich auch nichts mehr. Versuch also, den Ball innerhalb deiner Bewegung spät genug zu treffen, damit du überhaupt das nötige Tempo erst mal erzeugen kannst.

Fazit

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Schlaghärte im Tischtennis ein komplexes Zusammenspiel aus Material, Schnellkraft, Timing und Technik ist. Es gibt keine schnelle Lösung, um „mehr Wumms“ in jeden Schlag zu bekommen, aber durch ein tiefes Verständnis dieser vier Schlüsselbereiche und gezieltes Training kann jeder Spieler, unabhängig von seinem Niveau, seine Schlaghärte verbessern.

Wie ich aus meiner eigenen Erfahrung als Spieler und Trainer weiß, erfordert dies Geduld, Hingabe und eine Bereitschaft, sowohl die eigene Technik als auch die Ausrüstung kontinuierlich zu analysieren und anzupassen. Die Belohnung ist jedoch eine deutlich verbesserte Leistung am Tisch, die es ermöglicht, Gegner effektiver unter Druck zu setzen und mehr Punkte zu erzielen. Ich hoffe, dass dieser Tipp der Woche dir hilfreiche Einblicke und praktische Ratschläge gegeben hat, um deine Schlaghärte im Tischtennis zu steigern.

Bis zum nächsten Mal, bleib am Ball und spiel hart!

Yanick ist ausgebildeter Tischtennistrainer und aktiver Sportstudent. Er kann auf eine Dekade Erfahrung im Tischtennissport als Athlet zurückgreifen und auch als Trainer ist er seit bald fünf Jahren aktiv. Diese Kombination aus langjähriger Erfahrung als Athlet und Trainer, mehreren Trainerlehrgängen und den sportwissenschaftlichen Hintergründen ermöglichen es ihm, bestmögliche Einblicke und in den Sport Tischtennis zu gewährleisten.

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